Die Regensburger Gründung und Entwicklung
über 120 Jahre Vereinsgeschichte
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Die ersten Anfänge
Die ersten Anfänge im Raum Regensburg lassen sich bis 1896 zurückverfolgen. In diesem Jahr wurde auf eine Initiative der Vorsitzenden der Lokalstelle Speyer, Frau Ciara de Lamotte, die Katholische Bahnhofsmission in Regensburg als „nichtständiger Bahnhofsdienst“ ins Leben gerufen.
Die ersten Mitglieder
Der Marianische Mädchenschutzverein in Bayern bestand zunächst aus vielen Einzelmitgliedern aus dem gesamten Land. Aus dem Gebiet der Diözese Regensburg sind bereits 1898 als „auswärtige Mitglieder des Marianischen Mädchenschutzvereins in Bayern“ ausgewiesen:
- Pfarrer Bogenberger, Mainburg
- Gräfin von Drechsel, Karlstein
- Anna Freifrau von Gumppenberg, Bayerbach
- Mathilde Freifrau von Gumppenberg-Pöttmes
- M. Hastreier, Weiden
- Josefa und Maria Kainz, Haadern
- Expositus Anton Lange, Parsberg
- Gräfin von Lerchenfeld, Köfering
- Wilhelmine Gräfin von Lerchenfeld, St. Gilla
- Max Lederer, Kooperator, Steinkirchen
- Franz X. Ritzinger, Benefiziumsprovisor, Hankofen
- Andreas Sporer, Antiquitätenhändler, Straubing
- Franz Ullrich, Kaufmann in Stadtamhof
- Helene Ullrich, Kaufmannstochter in Stadtamhof
- Therese Zoliner, Postexpedientin in Schwarzach.
Die Regensburger Vereinsgründung und erste Aktivitäten
Gründung 1902
Der 6. Bericht des Marianischen Mädchenschutzvereins für Bayern für das Jahr 1902 schreibt: „Auf Anregung der verdienten Vorsteherin der Diözesanvereinsstelle Speyer traten am 13.Juni 1902 mehrere katholische Damen Regensburgs zusammen und beschlossen unter dem Vorsitz des H. H. Stadtpfarrers von St. Rupert, Georg Rau, die Einführung des Marianischen Mädchenschutzvereins in Regensburg.“ Nach den örtlichen Protokollen war das Gründungsdatum der 25. Juni 1902. Die Gründung wurde zunächst als „Ortskasse“ geführt, sie war eine Untergliederung des Marianischen Mädchenschutzes in Bayern und diesem zugeordnet. Der Bericht fährt fort: „Da in der St. Leonhardsanstalt unter trefflicher bewährter Leitung Sonntagsvereinigungen für Fabrikarbeiterinnen und Dienstmädchen schon bestehen, fasste man den Entschluss als erste praktische Betätigung der jungen Gründung, die Handelsgehilfinnen zu sammeln und ihnen in abendlichen Unterrichtsstunden Gelegenheit zu geben, die für ihren Beruf notwendige Fortbildung unentgeltlich sich anzueignen.“ Der Einladung zu einer ersten Versammlung folgten etwa 140 Mädchen. Für den angekündigten Abendkurs in Stenographie meldeten sich gleich über 60 Teilnehmerinnen. Damit waren die ersten Aufgaben umrissen, die von Regensburger Frauen auf ehrenamtlicher Basis in staunenswerter Aktivität durchgeführt und ständig erweitert wurden. Der Verein richtete weitere Abendkurse für Stenografie, Buchführung, Handelskorrespondenz, Kaufmännisches Rechnen, französische Sprache und Maschinenschreiben ein. Die Handelsgehilfinnen wünschten auch Veranstaltungen am Sonntag, sogenannte Sonntagsvereinigungen für die Freizeitgestaltung; diese wurden organisiert und durchgeführt. 1904 wurde eine Näh- und Flickschule für Dienstmädchen, 1908 eine Handarbeitsschule für „bessere Fräulein und Mädchen“ geschaffen.
Die Raumfrage
Die Raumfrage war zunächst ein großes Problem. Für die Sonntagsveranstaltungen, die schon 1902 regelmäßig von 40-50 Mädchen besucht wurden, stellte für einige Zeit das Kloster Niedermünster einen Raum zur Verfügung, später konnte durch einen Gönner eine Kegelbahn in einem Gasthaus am Rande der Stadt mit einem Wirtsgarten genutzt werden.
Haus Pfauengasse 6
In der Pfauengasse 6 in der Altstadt Regensburg mietete der Verein 1903 eine Wohnung und konnte dort sein erstes Büro, einen Saal für die Übernachtung von Mädchen und Räume für die Kurse unterbringen.
Auch eine Bibliothek wurde eingerichtet. In die Vereinswohnung in der Pfauengasse mieteten sich später der neu gegründete Katholische Frauenbund und der Katholische Jugend-Fürsorgeverein ein.
Somit fanden diese beiden Verbände beim Mädchenschutzverein ihre Urheimat.
Im Theresienheim in der Landshuter Straße besaß der Verband eine Vereinswohnung, die von zehn ständigen Pensionärinnen belegt war. Das Heim wurde schon damals von den Marienschwestern vom Berge Karmel geführt.
Der Mitgliederstand
Der Mitgliederstand des Verbandes entwickelte sich in den Anfangsjahren kontinuierlich und steil. Der Jahresbericht von 1902 weist für Regensburg 170 zahlende und 7 tätige Mitglieder aus. Bei der Generalversammlung der Katholiken Deutschlands (Deutscher Katholikentag) 1904 in Regensburg konnte der Verein eine Propagandaversammlung durchführen, die auch für die Regensburger Lokalstelle von großem Erfolg war. Der Mitgliederstand stieg bis 1909 auf 366 zahlende und etwa 30 tätige Mitglieder an und konnte in dieser Höhe viele Jahre gehalten werden. Tätige Mitglieder waren nach der Satzung diejenigen, die dem Verein durch persönliches Engagement dienten. Sie hatten das aktive und passive Wahlrecht, während die zahlenden Mitglieder nur das aktive Wahlrecht besaßen. In den Vorstand konnten also nur tätige Mitglieder gewählt werden; sie vertraten den Verein nach innen und nach außen. Das Mitgliederbüchlein der ersten Jahre nach der Gründung weist als prominente zahlende Mitglieder den Regensburger Bischof Ignatius von Senestrey und den Bischof von Passau, Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf aus, der während seines Wirkens als Weihbischof von Regensburg ein großer Gönner der jungen Gründung gewesen ist.
Neue Aufgabenfelder - bewährtes Wirken
Bereits 1910 fiel das bisherige Haupttätigkeitsfeld der Regensburger Verbandstätigkeit weg: Die Beamtinnen und Handelsgehilfinnen gründeten einen eigenen Verein und übernahmen selbst die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitglieder. Ebenso wurde ein katholischer Verein der erwerbstätigen Jugend ins Leben gerufen, der die Sonntagsveranstaltungen durch den Verein überflüssig machte. Der Verein der katholischen Beamtinnen und Handelsgehilfinnen nutzte weiterhin die vorhandenen Räume des Mädchenschutzvereins für seine Kurse. Über den Verein der katholischen erwerbstätigen Jugend übernahm der Mädchenschutzverein das Patronat. Man darf also mit Fug und Recht sagen, dass der Marianische Mädchenschutzverein Regensburg bahnbrechend für die katholischen weiblichen Vereine wirkte und die Anfänge der jetzt selbständig organisierten Standesvereinigungen im Marianischen Mädchenschutzverein liegen. Die erste notwendige Aufgabe jedoch war zunächst beendet.
Vermittlung in Hauswirtschaft
Der Schwerpunkt der Arbeit wurde nunmehr auf die Vermittlung hauswirtschaftlicher Dienststellen gelegt. Im Jahresbericht der Lokalstelle Regensburg von 1911 heißt es: „So hatte das Stellenvermittlungsbüro trotz starker Konkurrenz von seiten des Arbeitsamtes und der verschiedenen hiesigen Verdingerinnen recht erfreuliche Resultate aufzuweisen. Es wurden nämlich bei einer Anmeldung von 863 Herrschaften und 1349 Dienstmädchen an 300 wissentliche, gute Stellenvermittlungen befriedigend erledigt, gewiss ein Beweis für das Vertrauen, welches man den Damen des Büros und ganz besonders der unermüdlichen Leiterin desselben, Frl. Zierer, in Stadt und Umgebung entgegenbringt.“
Schaffung von Wohnheimplätzen
Auch die Verbesserung der Wohnsituation der beschäftigten jungen Frauen lag den Damen am Herzen. Nicht nur die Angestellten brauchten eine Unterkunft, auch Dienstmädchen in den Haushalten mussten oft in menschenunwürdigen Verschlägen hausen. „Die für durchreisende und stellensuchende Dienstmädchen eigens reservierten Übernachtungsräume unserer Vereinswohnung waren fast ständig in Anspruch genommen und hielten sich, teils vorübergehend, teils für länger, an 190 Mädchen darinnen auf, welche zusammen 401 Nachtquartiere belegten.“ (Jahresbericht 1911) Darüber hinaus widmete sich der Verein der Betreuung strafgefangener Mädchen und Frauen, organisierte Flickkurse für Dienstmädchen und Nähkurse für schulentlassene Mädchen aus Regensburg und Umgebung.
Der Mädchenschutzverein im eigenen Haus
Erwerb eines eigenen Hauses
Ende 1911 konnte Konsul Leist, ein Wohltäter des Vereins, das im Jahr 1876 erbaute Gebäude an der Straubinger Straße 2 (jetzt Adolf-Schmetzer-Straße) für den Marianischen Mädchenschutzverein zu einem Kaufpreis von 140 000 Mark erwerben. Die Konditionen waren äußerst günstig. 110 000 Mark lagen als 1. Hypothek für die Vorbesitzer Bolland auf dem Haus und konnten für 10 Jahre liegen bleiben. Vom Restkaufpreis von 30 000 Mark lieh der Wohltäter des Vereins, Herr Hofrat Dr. Eser, 25 000 Mark als 2. Hypothek, den Rest von 5000 Mark konnte der Verein aufbringen.
Vereinsgebäude Adolf-Schmetzer-Straße
Am 3. Januar 1912 wurde das Haus erworben. Am 2. April 1912 erfolgte der Umzug aus der Mietwohnung in der Pfauengasse in die „hellen, luftigen Räume des neuen Heimes, wo unsere Lokalstelle vorderhand die Parterrezimmer mit eigenem größerem Saale zur Verfügung hat; die übrigen Stockwerke sind vermietet.“ (Sechzehnter Bericht 1912)
„Vereinshaus“ für viele Organisationen
Das Haus entwickelte sich zu einem „katholischen Vereinshause“ für weibliche Vereine, wie es im Jahresbericht von 1912 heißt. Der Kath. Frauenbund, der Kath. Jugendbund, der Kath. Fürsorgeverein, der Kath. Jugendverein St. Maria, der Verein kath. Beamtinnen und Handelsgehilfinnen, der Kath. Lehrerinnenverein, der kath. Arbeiterinnenverein, der Katholische Missionsverein, die Marianische Jungfrauenkongregation der unteren Stadt, der Kath. Dienstmädchenverein für die untere Stadt waren ständig oder zeitweilig Gast im neuen Haus des Kath. Mädchenschutzvereins, nutzten das Büro für Besprechungen und Sitzungen und den Saal für Veranstaltungen. Im Hause wurden Räume für die Übernachtung wohnungsloser Mädchen bereitgestellt und eine Küche für deren Verpflegung eingerichtet.
Marianische Mädchenschutz-Ortskasse Regensburg
Eingetragener Verein
Am 3. Januar 1912 beschloss die damalige Vorstandschaft die Gründung eines eigenen Vereins, den Marianischen Mädchenschutzverein Regensburg e. V. Dies war notwendig geworden, damit der Regensburger Verein als Rechtsträger des neu erworbenen Vereinshauses auftreten konnte. Der Beschluss lautet:
Elf Damen von Regensburg, welche zugleich tätige Mitglieder des Marianischen Mädchenschutz Vereines in Bayern, Lokalstelle Regensburg sind, versammelten sich heute, den 3. Januar 1912 im Vereinslokale des Marianischen Mädchenschutz Vereines Pfau(en)gasse Nr. 6/II u. beschlossen einstimmig, es solle eine Marianische Mädchenschutz Ortskasse Regensburg gegründet werden. Beiliegende Statuten wurden beraten u. einstimmig angenommen. Hierauf wurde nach § 4 der Satzung zur Wahl der Vorstandschaft geschritten. Als I. Vorsteherin wurde gewählt: Exzellenz Freifrau Maria von Aretin, kgl. Kämmerers- und Regierungspräsidentens-Gattin, als II. Vorsteherin Frau Auguste Eser, kgl. Hofrats Gattin, als Schriftführerin Frl. Maria Scherer, Privatiere, als Kassierin Frl. Clementine Pustet, Privatiere, als Beisitzerinnen Frau Amalie Sepp, kgl. Hochschulprofessors-Gattin, Frau Therese Pustet, kgl. Komerzienrats-Witwe, Frl. Marie Will, Privatiere, sämtliche in Regensburg. Geistlicher Berater ist H. Domkapitular Albert Weigl in Regensburg, welcher vom bischöflichen Ordinariat Regensburg als Beirat des Marianischen Mädchenschutz Verein in Bayern, Lokalstelle Regensburg aufgestellt ist. Alle Gewählten erklärten die Annahme der Wahl. Es wurde auch beschlossen, der so eben gegründete Verein solle in das Vereins-Register beim kgl. Amtsgericht Regensburg eingetragen werden.
Die Vereinsgründung wurde unter dem 10.1.1912 in das Vereinsregister beim Amtsgericht Regensburg eingetragen.
Regensburg, den 3. Januar 1912
(V G. u. U.)