Geschichte der Bahnhofsmission Regensburg
In Folge wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen in der Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts kamen Mädchen und junge Frauen vom Land in die Städte, um dort bezahlte Arbeit und Unterkunft zu finden. Auf sich selbst gestellt gerieten sie oft in schwierige, teils gefahrvolle Lagen, wie z.B. Prostitution oder Wohnungslosigkeit. Um hier Abhilfe zu leisten, organisierten sich freiwillig vorwiegend Frauen, die aus christlicher Gesinnung versuchten, Mädchen und junge Frauen bereits bei ihrer Ankunft an den Bahnhöfen zu empfangen und ihnen Hilfe anzubieten.
So entstanden vor mehr als 125 Jahren die ersten Bahnhofsmissionen als Orte der Hilfe und des Schutzes. Im Laufe der Zeit erweiterte sich die Arbeit der Bahnhofsmissionen vom Mädchen- und Frauenschutz zu einem Angebot für alle Menschen am Bahnhof.
In Regensburg lassen sich die Anfänge einer katholischen Bahnhofsmission bis 1896 zurückverfolgen. Von Speyer aus wurde die Gründung des „Marianischen Mädchenschutzes“ in Regensburg angeregt und ein „nicht ständiger Bahnhofsdienst“ ins Leben gerufen. Nicht nur für den Aufenthalt, sondern auch für die Durchreise mussten Quartiere beschafft werden. Seit 1903 standen in der Stadt Regensburg dafür als Wohn- und Übergangsheim die Räume in der Pfauengasse 6 zur Verfügung, die der katholische Mädchenschutzverein gemietet hatte. Im Jahr 1912 konnte ein eigenes Haus in der heutigen Adolf-Schmetzer-Straße erworben werden, in dem unter anderem ein Mädchenwohnheim eingerichtet wurde.
1939 wurde die kirchliche Bahnhofsmission als konfessionelle Einrichtung von den nationalsozialistischen Mächten verboten.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Herrschaft entschloss sich im September 1945 der „Caritasverband für die Diözese Regensburg e.V.“, die katholische Bahnhofsmission wieder aufzubauen, aufgrund der Vielzahl und Vielfalt von Betreuungsfällen, die Trägerschaft zu übernehmen, sie jedoch weiterhin vom Verein „katholische Mädchensozialarbeit“ betreuen zu lassen. Vom Aufgabenkreis her bemühte sich der Verein in den Nachkriegsjahren um die Flüchtlingsmädchen und die schulentlassenen Mädchen, die keine Lehrstelle fanden. Da der Hauptbahnhof Regensburg durch Bomben total zerstört war, gab es auf dem ganzen Gelände keine Aufenthaltsmöglichkeiten. Die Bahn stellte eine alte Bauhütte auf Gleis 1 zur Verfügung, die 16 Quadratmeter Grundfläche hatte und 2 Meter hoch war. Bis in die 60er Jahre hinein diente diese Notbaracke den Helferinnen der Bahnhofsmission als Anlaufstelle und Büro, bzw. provisorische Unterkunft.
In den 70er und 80er Jahren normalisierte sich das Leben in der Gesellschaft der Bundesrepublik und das Leben auf den Bahnhöfen. Als aber mit der Öffnung der Grenzen zur DDR ein neues Zeitalter für Deutschland begann, trafen 1989 täglich hunderte von DDR-Besucher und Übersiedler auf überfüllten Zügen in Regensburg ein. Nach 1992 wurde die Bahnhofsmission Anlaufstelle vorwiegend für Reisende, Hilfe- und Heimatsuchende aus allen europäischen Ländern, vereinzelt auch aus Übersee und asiatischen Ländern.
Quelle: aus Festschrift Dr. Ilse Kammerbauer (Ehrenmitglied IN VIA Regensburg e.V.) u.a.: „Unterwegs im Wandel der Zeit. 100 Jahre katholische Mädchensozialarbeit durch IN VIA Regensburg“. Regensburg 2002